M-Boote bei der IYRU-MYRD Europameisterschaft 1993
Anfang Juni 1993 fand im englischen Fleetwood die 5. Europameisterschaft der IYRU-MYRD in der Marblehead-Klasse statt. Um zu zeigen, wie sich die M-Boote international (im Rahmen der IYRU) entwickeln, soll hier im nachhinein ein kleiner Technikbericht erfolgen.
Kurz zur Meisterschaft
64 Segler aus 12 Nationen gingen an den Start. Das deutsche Team bestand aus sieben Teilnehmern. Gesegelt wurden an 5 1/2 Tagen insgesamt 33 Durchgänge mit jeweils vier Gruppen. Das Wetter war so richtig Fleetwood-typisch: die ersten drei Tage jede Menge Wind und Regen literweise (ausgeprägtes Sturmtief) und ab Wochenmitte dann leider sehr flau (aber trocken). Also zwei Extreme.
Der schon berüchtigte Starkwind räumte natürlich anfangs wieder das Feld auf, doch gab es keine dauerhaften Ausfälle. Dabei machte eigentlich weniger der Wind als solcher den Booten zu schaffen, kleine Riggs mit nur 1 m Masthöhe und entsprechend minimaler Taschentuch-Segelfläche hatten die meisten Teilnehmer ohnehin, sondern vielmehr machte der in dem 200 X 60 m großen Wasserbecken entstehende "Seegang" mit sehr hohen und vor allem sehr kurzen, kabbeligen Wellen den Booten ernsthafte Probleme. In diesen Wellen, die für die Schiffe den Charakter einer Küstenbrandung hatten, waren die Boote in ihren Manövriereigenschaften häufig einfach überfordert.
Hier ist jedoch die Regattaleitung zu loben, die diesem Umstand aufgrund der Erfahrung Rechnung trug und am Montag, dem härtesten Tag, den Regattakurs stark verkleinerte und auch erlaubte, daß an den Beckenrändern freiwillige Helfer/Freunde bereitstanden, um "strandende" Boote aufzufangen. Damit war für diese Boote aber nicht gleich das Rennen gelaufen: Sie wurden 10 Sekunden festgehalten und dann erneut ins Getümmel geschickt. Ohne diese Maßnahme wären wohl einige Totalausfälle zu verzeichnen gewesen. Es gab natürlich wieder Strategen, die daraus gekonnt Nutzen zogen, z. B. beim Start.
Europameister wurde Chris Dicks aus England knapp vor Christoph Boisnault (Frankreich / Weltmeister 1990) und Torwald Klem
(Norwegen / Europameister 1983), der übrigens lange Zeit führend war. Die letzten Läufe waren noch mal sehr mischend, so daß am Ende völlig offen war, wer von diesen drei nun ganz vorne lag.
Die bei IYRU-MYRD Regatten häufig störenden, weil zeitraubenden Protestverhandlungs-Zeremonien hielten sich diesmal dank eines modifizierten Vorab-Entscheidungs-Systems auch in Grenzen. Ubrigens eine Änderung, die von Deutschland (DSV) vorgeschlagen worden ist und in die umfangreichen Veranstaltungsregeln der IYRU-MYRD eingegangen ist.
Unser deutsches Team hatte insgesamt betrachtet nicht so viel Glück, zwar ging nichts ernsthaft zu Bruch, aber etwas bessere Plazierungen hatten sich einige doch vorgestellt, zumal ja auch die vorangegangene WM '92 in den USA für Germany nicht berauschend gelaufen war.
Titelverteidiger und Favorit J. Walicki (Hamburg) hatte zwar die ersten Tage noch die Nase mit ganz vorn, landete aber zum Schluß nur auf Platz sieben. Ich sage "nur", weil Walicki mit diesem Platz nicht zufrieden war. Der dagegen sehr zufriedene Verfasser konnte sich mit seinem in die Jahre gekommenem, in technischer Hinsicht völlig veralteten Boot wider Erwarten an den ersten stürmischen Tagen auch in die Top Ten arbeiten, mußte dann bei flauem Wind jedoch erwartungsgemäß Federn lassen und rutschte ab. Der Rest kämpfte zunehmend enttäuscht oder mit Materialschäden zumeist in den beiden letzten Gruppen. Bei flauem Wind hatten unsere bis auf eine Ausnahme traditionell getakelten Booten gegenüber den zumeist mit Swing-Rig fahrenden Mitstreitern auf den langen Vor-Wind- und auch den Kreuzkursen doch bisweilen erkennbare Geschwindigkeits-Nachteile. Trotzdem schafften zum Schluß immerhin auch noch Klaus Schröder und Ray Casey den Aufstieg bis zur A-Gruppe.