Mit dem Gewinn der amerikanischen Meisterschaft 1981 hatte das BONE-Syndikat seine Zielsetzung erreicht. Die Anstrengungen, die dazu unternommen wurden , suchen bis heute ihresgleichen , und es ist anzunehmen, daß eine ähnlich aufwendige Entwicklung möglicherweise nie wieder durchgeführt werden wird. In diesem Beitrag möchte ich die Berechnungen und Versuche vorstellen sowie gleichzeitig eine Analyse aus heutiger Sicht vornehmen. (SchiffsModell berichtete seinerzeit in der Ausgabe 5/82.)
Bestandteil der BONE-Entwicklung waren sowohl Computerprogramme und Schlepptankversuche zur Designermittlung als auch ausführliche Untersuchungen zur Materialwahl und zur Konstruktion und nicht zuletzt realistische Segelversuche. Beteiligt an der Entwicklung waren allein 4 Schiffbauingenieure und 4 ehemalige amerikanische Meister. Eine der Triebfedern für diese große Anstrengung lag auch darin, daß man es einfach leid war, Yachten nach den gerade in Mode befindlichen Typen auszusuchen, vielmehr wollte man endlich eine Auswahl nach rein hydrodynamischen Erkenntnissen vornehmen.
Im Rahmen der Entwicklung wurde bei den BONEs lI-IV ein Cat-Rigg (nur Großsegel) und bei den BONEs I-III zusätzlich eine Canard-Version getestet. Letzteres ist eine Konstruktion mit dem Ruder vor der Kielflosse. Der Einsatz des Cat-Riggs hat sich nicht bewährt, eine solche Konstruktion ist langsamer als eine herkömmliche Sloop-Takelung (Fock und Großsegel). Die Canard-Version wurde aufgrund eines falschen Hinweises verworfen, der besagte, daß eine solche Konstruktion weniger Kursstabilität habe. Zwischenzeitlich ist erwiesen, daß auch Canard-Versionen schnell und kursstabil sein können. Ein entsprechend gebautes Schiff segelte anläßlich der WM in Fleetwood 1990 sehr erfolgreich.
Die letzte Version der BONE ist ein Schiff mit üblicher Sloop-Takelung und üblicher Konfiguration der Anhänge (Flosse und Ruder). Ohne Blei hat die BONE XI ein Gesamtgewicht von 1900 g (segelfertig). Das Gewicht des Bleis beträgt 3400 g. Damit ergibt sich ein Gesamtgewicht von 5300 g. Der Ballastanteil liegt bei 64 %. Unter heutigen Gesichtspunkten ist dieser Wert durchschnittlich, aber keineswegs zu gering, um schnell zu segeln.
Die technischen Daten im einzelnen:
1.) Rumpfform
Ausgehend von existierenden und anerkannt wettbewerbstauglichen Rümpfen wurde ein erster Linienentwurf gemacht (Spantenriß siehe Bild 1). Zur Bestimmung des voraussichtlichen Gewichts wurde ein vorhandenes Boot auseinandergenommen (!) und die Einzelteile gewogen. Anschließend wurden die möglichen Gewichtseinsparungen untersucht.
Zielsetzung war eine Rumpfform mit kleinem Längen-/Verdrängungsverhältnis und damit guten Starkwindeigenschaften, aber mit einer kleinen Rumpfbreite im Gegensatz zu den bis dahin üblichen Yachten. Das Breiten-/Tiefgangverhältnis sollte ebenfalls schmal sein, womit sich ein nahezu kreisähnlicher Hauptspantquerschnitt ergibt. Die Wahl des kleinen Längen-/Verdrängungsverhältnisses führte tatsächlich zu den erwarteten schwachen Eigenschaften derYacht bei wenig Wind.
In der Seitenansicht hatte der Rumpf die Form eines Laminarprofils mit einem eingetauchten Spiegel, wie er bei der 12-Meter-Yacht MARINER verwendet wurde. Mit dieser Konfiguration wurden dann Schleppversuche gemacht, allerdings nur in aufrechter Schwimmlage. An dieser Stelle muß man deutliche Kritik an den Anstrengungen des BONE-Syndikats üben, da Versuche mit aufrechter Schwimmlage nur einen kleinen Bereich des beim Yachtentwurf angepeilten Konstruktionsziels abdecken. Nahezu jeder einigermaßen versierte Modellbauer kann ähnliche Versuche mit einfachen Vorrichtungen (Fallgewichten) z. B. in einem Schwimmbad durchführen.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, daß die dabei erreichbare Genauigkeit sehr gut ist und einwandfreie Widerstandskurven für die aufrechte Schwimmlage ergibt.
Bild 2 zeigt die entsprechenden Widerstandskurven für die BONE IV sowie für einige Vergleichsschiffe.
In der weiteren Entwicklung der BONE zeigte es sich, daß ein Schiff von ca. 5400 g Verdrängung realisierbar war.Bei unverändertem Spiegel wurde deshalb die Spantfläche und die maximale Breite verkleinert (BONEV).
Die mit dieser BONEV durchgeführten Versuche zeigten wiederum sehr schlechte Leichtwindeigenschaften und wurden als großer Rückschlag eingestuft. Aus diesem Grunde entwickelte man die ursprüngliche Form weiter, d.h. kleiner Spiegel mit der Unterkante über der Konstruktionswasserlinie (CWL) und ein Bugbereich , der ebenfalls an die CWL ragt. Wie diese endgültigen Linien aussahen, zeigt der abgebildete Spantenriß (Bild 1).
Diese endgültige Rumpfform berücksichtigt auch noch Anstrengungen zur Verbesserung der Segeleigenschaften bei Krängung unter dem Aspekt der Beibehaltung der Wasserlinienlänge und der Vermeidung von Luvmomenten, wie sie bei Schiffen mit großer Breite im Heck entstehen. In Anbetracht des großen Aufwands, den das Syndikat betrieben hat, hätte man hier natürlich eine computerunterstützte Methode erwartet, tatsächlich ist das verwendete Verfahren jedoch sehr einfach und wiederum leicht nachvollziehbar. Mit einfachen Ballastgewichten wurde das Schiff auf die entsprechende Krängungslage getrimmt und anschließend die Wasserlinienlänge nachgemessen sowie die Austauchung am Heck ermittelt. Will man jetzt weiter optimieren und hat man kein entsprechendes Programm, welches Krängungsdaten rechnerisch ermittelt, dann muß man entsprechend viele abgewandelte Rümpfe bauen, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist. So wurde dies dann vom BONE-Syndikat auch gemacht, dies führte zur abgebildeten BONE XI.
Bedenkt man, daß jahrelange Arbeit zu diesem Rumpf geführt hat, dann ist das Ergebnis eher kritisch zu sehen. Der BONE-XI-Rumpf ist sicherlich kein Universalrumpf, welcher bei allen Bedingungen gute Ergebnisse liefert. Die Konstrukteure haben sich offenbar zu sehr von der Tatsache leiten lassen, daß geringe Breite bei mäßigemTiefgang zu geringem Gesamtwiderstand führt und dabei andere Aspekte wie z. B. dynamischen Auftrieb außer acht gelassen. Auch die Versuche zum Verhalten bei Krängung sind unter diesem Aspekt zu sehen. EineVerkleinerung der Spiegelfläche führt fast immer zu geringeren Luvmomenten und auch zu einer Vergrößerung der Wasserlinienlänge. Das eigentlich zu lösende Problem ist jedoch, die Spiegelfläche nicht zu klein werden zu lassen - wegen der Gleiteigenschaften - und trotzdem gute Krängungseigenschaften zu erhalten.
2.)Anhänge
Die im Vergleich zu großen Yachten bei Modellyachten auftretenden spezifischen Unterschiede - Modelleffekte genannt - haben einen besonders großen Einfluß bei den Anhängen (Kiel, Ruder und Blei). Die meisten Veröffentlichungen über Profile geben nur Meßwerte für hohe Reynoldszahlen an. Die BONE-Konstrukteure sind sich dieser Maßstabseffekte sehr wohl bewußt und geben nachfolgende Tabelle zu den am Modell vorhandenen ReZahlen an.
Unverständlich ist dann allerdings, daß sie sich bei der Auswahl des Dicken- zu Breitenverhältnisses dann wieder auf Tabellen für Flugzeugtragflächen abstützen.
Die an der BOI\IE untersuchten Kielflossen hatten eine Fläche von 323 cm², 491 cm² und 290 cm². Gewählt wurde schließlich der Kiel mit 290 cm², obwohl man mit den kleinen Kielen von 323 cm² und 290 cm² Nachteile in der Wende feststellen mußte. Beide Kiele nahmen nach der Wende nur langsam wieder Fahrt auf, allerdings hatten beide auch wieder deutliche Vorteile, wenn es um die Geschwindigkeit bei wenig Wind ging.
Die Ursache für den Fahrtverlust in der Wende bzw. für das langsame Beschleunigen liegt in dem geringen Auftrieb der schmalen Flosse bei langsamen Geschwindigkeiten, wie diese unmittelbar nach der Wende vorliegen. Gleichzeitig erreicht eine schmale Flosse ihren höchsten Auftriebswert jedoch auch bei kleinen Anstellwinkeln, und dies führt dazu, daß solche Flossen nur in einem kleinen Hoch-am-Wind-Bereich optimal zu segeln sind. Mit dieser Tatsache hatten die BONE Segler ziemlich zu kämpfen, sie mußten das schnelle Segeln der BONE erst lernen.
Das Ruder der BONE ist ebenfalls sehr schlank, also von hohem Seitenverhältnis. Diese Ruder sind sehr effektiv, aber auch vorsichtig zu bedienen, damit plötzliche Rudermanöver nicht zu sonst unvermeidlichen Strömungsabrissen führen.
3.) Stabilität
Die Stabilität einer Yacht hat einen wesentlichen Einfluß auf die Geschwindigkeit. Seitdem bei M-Yachten fast immer die erlaubten 215 cm ausgenutzt werden. hat die Stabilität noch größere Bedeutung erlangt.
Vom Gewichtsaspekt her gibt es zwei Möglichkeiten, die Stabilität zu erhöhen. Entweder man vergrößert das Bleigewicht oder man verringert das Gewicht von Rumpf und Rigg. Letzteres war ein Hauptziel bei der BONE-Konstruktion.
Gewählt wurde für die Bone XI ein Kiel mit 3400 g Bleigewicht und einer Länge von 38,1 cm. Ein schwereres Bleichgewicht von 3720 g hatt bei nachlassendem Wind nur wenig Nachteile, während ein 3100 g schwerer Kiel bei aufkommendem Wind nicht wettbewerbsfähig war. ImVergleich zu anderen amerikanischen Yachten (Bild 3) hatte die Bone XI geringere Formstabilität aufgrund des schmalen Rumpfes und benötigt deshalb einen vergleichsweise langen Kiel. Bei letztlich gleicher Stabilität wie bei breiteren Yachten sehen die BONE-Konstrukteure jedoch einen wichtigen Vorteil, den sie folgendermaßen begründen: Eine schmale Yacht segelt optimal am Wind bei einem größeren Winkel zum Wind als dies bei einer breiteren Yacht der Fall ist. Dies liegt daran, daß der schmale Rumpf weniger Widerstand hat und somit etwas schneller am Wind segelt, allerdings muß man dazu wenige Grad vom Wind abfallen. Da man demzufolge nun nicht ganz so hoch am Wind segeln muß wie dies bei einer breiteren Yacht erforderlich wäre, hat man letztlich auch weniger Krängung und braucht damit auch weniger Blei bzw. weniger Stabilität.
Tatsächlich hatte die Bone XI jedoch eine ähnliche Stabilität wie ihre damaligen Vergleichsschiffe und dies führte dann mit den obigen Überlegungen zu den Vorteilen der Bone XI in Amerika.
Die hier erläuterten Überlegungen der BONE-Konstrukteure sind voll zu bestätigen, und allen Skippern , die ähnliche Schiffe fahren, ist deshalb zu empfehlen , doch einmal zu versuchen, ganz bewußt weniger Höhe zu laufen als die breitere Konkurrenz. Natürlich darf man dabei nicht vergessen, die Segel einen "Schrick" zu öffnen.
Verglichen mit heutigen Yachten, wie z. B. SKALPEL, hat die BONE XI keinen Vorteil mehr, da ein SKALPEL in der Regel wesentlich mehr Stabilität hat. Allerdings könnte eine BONE-ähnliche Konstruktion mit ca. 4 kg Blei oder mehr - heute sehr erfolgreich sein und ist möglicherweise der nächste Entwicklungsschritt bei M-Yachten!
Original erschienen in der Zeitschrift Schiffsmodell des Neckar-Verlags 12/1993 Autor:Gerhard Mentges. Sollten hiermit irgendwelche Rechte verletzt werden bitte melden. Ich werde dann den Artikel sofort entfernen.