Mit dem Eintreffen der "Nachzügler" (Walter und Stefan) unseres Teams am späten Mittwochabend war unser Team endlich komplett. Die beiden verbrachten den Donnerstagvormittag mit dem Zusammenbauen ihrer Boote, während der Rest unserer Truppe sich direkt mit der Vermessung im CLUB NAUTICO herumschlug. Ich wollte eigentlich vorher noch mal mein nagelneues 1er Rigg ausprobieren, ob's auch wirklich was taugt oder ob ich besser doch das etwas windige GB-Cubanfibre benutzen sollte ... Die Frage klärte sich in zweierlei Hinsicht: erstens kamen wir vor der Registrierung nicht in die bereitgestellten Container hinein, was das Auspacken mehr oder weniger einschränkte und zweitens waren Heinz und ich beim Auseinandernehmen der Frachtkiste ein wenig zu rabiat, so dass sowohl mein Cubanfibre als auch Heinz schneeweißes Rigg aussahen wie Reif-für-die-Tonne ... Super! Also doch die graue Plane, auf gut Glück halt.
Die Vermessung ging meiner Meinung recht zügig. Neben den jeweiligen Stationen (Anhänge wiegen / Riggs vermessen / Tiefgang und Gesamtgewicht messen / Frequenzkontrolle) waren - wenn nötig - Ständer für Boot und Riggs vorhanden. Über eine der benutzten Waagen (Anhänge wiegen) konnte man sich mit Sicherheit streiten - da waren gut 10 g Ungenauigkeit drin.
Tja, ob bei den anderen Teams genauso viel "geschnitzt" werden musste, entzieht sich meiner Kenntnis - bei uns ging's jedenfalls hoch her:
Dirks Kiel/ Bombe musste 10 Gramm lassen, Michaels Ruder war 3 Gramm zu schwer und Hans-Peter wollte direkt wieder einpacken, als der Kiel seiner ltaliko sich als gut 10 Millimeter zu lang herausstellte. Den Frust konnte ich schon verstehen, es war schließlich nicht auf seinem Mist gewachsen ... Dank Carstens "verwunschenem Messer" = stumpfer Säge konnte das Problem aber gelöst werden. Und bis auf die Frequenzzuteilung für Walter (die gab's erst am Freitag) konnten wir alle die Vermessung somit abhaken. .... Habe ich was vergessen? ...
Ab zum Regattagelände und in die Container! Die standen jeweils halbkreisförmig um zwei große Zeltdächer (Schatten!) herum, extra alles herangekarrt für die Veranstaltung. Während wir es uns "gemütlich" machten, wurde dem Gelände noch der letzte Schliff verpasst - Vorsicht Radlader!
Und dann: Probesegeln, was sonst. "..'s wird schon irgendwie gehen", und: "..vielleicht hätte ich doch besser das halbzerknüllte Cubanfibre genommen ..." ... Alles klar? ... Nix war klar, und diese Unsicherheit habe ich dann wohl auch den Rest der Regatta mit mir herumgeschleppt. Zu meinem eigenen Leidwesen.
Die Eröffnungs-Zeremonie am Freitag werde ich wohl recht lange und auch gut in Erinnerung behalten. Da wurden ''jede Menge" Tapas und Getränke gereicht - und die Italiener zeigten uns allen, wie man sich bei der diesbezüglichen Materialbeschaffung ganz ungezwungen aufführt. Ein großes Gebrabbel im Saal, das extra angeheuerte Künstlerduo hatte man sinnvoller weise draußen platziert ....... nur so richtig e r ö f f n e t wurde die EM irgendwie nicht ... Mit keinem einzigen Wort. Setzt unsereiner (als ordnungsliebender Deutscher) da zuviel voraus?
Auch am folgenden Tag fand sich keiner, der vor versammelter Mannschaft etwas Begrüßendes sagen wollte. Dafür durften wir aber endlich mit Segeln anfangen. Die Gruppen des Einteilungslaufes hatte man ganz einfach aus der alphabetischen Reihenfolge der Teilnehmerliste gebildet.
Gesegelt wurde (bis auf eine einzige ! Ausnahme) immer schön linksherum und (ohne Ausnahme) ein Dreieck, dass seinen Namen nicht wirklich verdiente. Die Luv- und mittlere Tonne lagen jeweils nur 10..15m auseinander. Warum immer linksrum, das entzieht sich meiner Kenntnis. lrgendwer meinte, dass man das beim Großsegeln immer so mache und dass das Runden der Luvtonne dann übersichtlicher wäre. Aber mal ehrlich: Das ständige Unterwenden an der Luvtonne ist unterm Strich genauso chaotisch wie die sich anbahnenden BB-StB-Situationen, Wenn's mal rechtsrum geht.
Auf jeden Fall habe ich mich beim ersten Lauf ganz dezent zurückgehalten, mich 4 Meter hinter und etwas rechts an der Linie (halt auf Starbord und in Luv) zum Anlauf platziert, den Winddreher nach links 20 Sekunden vor Start abgewartet (damit ich im rechten Moment auch ja stehen bleibe) und dem Feld einen satten Vorsprung gegeben .... "Klasse, das fängt ja toll an!" ... Und irgendwie habe ich es dann auch geschafft, meiner Linie bis auf wenige Ausnahmen so richtig schön treu zu bleiben, sonst hätte ich mich womöglich doch die ersehnten 10 Plätze weiter vorn im Endklassement wieder gefunden. Reden wir nicht weiter drüber.
Über die Art und Weise des Umpirings hat sich Michael ja schon ein bisschen ausgelassen. Die Geschichte mit den falschen Ansagen habe ich persönlich in Arcos nicht erlebt, kann mich aber noch gut an 3 meiner Kontaktsituationen in Fleetwood 2002 erinnern, bei denen das genauso ablief: 2 mal war ich der Verursacher und der andere sollte dem Umpire nach kringeln - Jens hat sich freiwillig als Täter bekannt und seine Runden gedreht. Beim 3. Mal wäre der andere dran gewesen, aber der U. ließ mich drehen, dem fairen Gegner sei gedankt ... Blindfische ... Langsamgucker ... Wahrscheinlich auch die häufigste Ursache für derartige Fehlentscheidungen:
Die Umpires sehen nur das Ende der Situation und machen lieber eine Falschaussage als gar keine, sonst hätten wir Segler sie wohl letztendlich noch wegen geistiger Nichtanwesenheit drangekriegt und der Veranstalter die Spesen nicht zahlen wollen ... Der Ruf "Not observed" war auch so schon oft genug zu hören. Und um dem noch eins draufzusetzen, habe ich es 2 mal einfach darauf ankommen lassen und (als sowieso schon alles gegessen war) als Mitschlusslicht der Gruppe meine momentanen Gegner nach allen Regeln "angedötscht", nur um zu sehen, ob die Herrschaften auch die Schlusslichter beobachten. Keine Reaktion. Die haben halt lieber darauf geachtet, ob einer "pumpt" oder "wriggt" und dafür fleißig Ehrenrunden verteilt. Wer es nicht glaubt, der frage Stefan oder Heinz.
Und um noch mal auf das Unterwenden an der Luvtonne zu sprechen zu kommen: Bisher war ich immer der Ansicht, dass, wenn man sich in dieser Art reindrängt, wo eigentlich kein Platz mehr ist und somit zwangsläufig mindestens ein Boot und dann auch noch die Tonne kontaktiert, für jede Regelverletzung ein Kringel fällig wäre. Ich habe die betreffenden Boote aber immer nur einen drehen sehen. Seeeehr seltsam ... Aber mit dem FAIR PLAY einiger Teilnehmer war es eh' nicht allzu weit her, daher spielte das nun auch keine übermäßig große Rolle mehr. Siehe auch der schon von Michael erwähnte B-Lauf, bei dem es reichlich viele und eigentlich auch deutlich sichtbare Falschfahrer gab .... Werde bei Gelegenheit ein Filmchen basteln und das Ganze hübsch mit reinplatzieren.
2 oder 3 der Segler haben übrigens aus Protest gegen die Leistungen (sofern man von Leistung sprechen kann) der Umpires ihre Boote vorzugsweise wieder eingepackt und sich ein paar ordentliche Tage Urlaub gegönnt. Auch nicht schlecht. Mindestens einer von denen hat übrigens eine etwas andere Erfahrung fürs Leben gemacht: Während eines Ausfluges nach Gibraltar bekam das Auto etwas Durst ... und er und sein Mitreisender auch, nachdem sie satte 3 Stunden damit verbracht hatten, das Superbenzin aus dem Dieseltank wieder rauszuholen ... Man merke sich: Diesel = schwarze Pistole, Super = grüne Pistole. Sie hatten durchaus unser Mitleid ....
Nebenbei gab's natürlich auch was zur Entspannung und zum Luft ablassen. Zu letzterem zählte neben den Erläuterungsrunden für die Umpires (durch die Segler) auch das von Lester Gilbert initialisierte kurze Meeting am Sonntagabend, bei dem wir mit unseren (kritischen) Wünschen zur allgemeinen Veranstaltungsorganisation gefragt waren und auch ein paar die Klasse betreffende Punkte zur Sprache kamen. U.a. wird aus Gründen der Vereinfachung darüber nachgedacht, die Tiefgangsvermessung über Schablonen zu regeln und somit das Wasserbecken einsparen zu können. Aber wie gesagt, das ist ein GEDANKE und es lohnt sich momentan nicht im Entferntesten, sich darüber die Köpfe heiß zu reden. Noch nicht.
Des weiteren hatten die Veranstalter am Wander-Dienstag eine Busrundreise organisiert - da wissen andere aber mehr zu berichten. Wir haben stattdessen die (Parkhaus-) Unterwelt, das Markttreiben, die Königliche Pferdezucht und den Herrn Sandemann (eigentlich wars 'ne Frau, in Hesse gebore. die uns nach der Führung mit 3 verschiedenen Sherry-Spirituosen plus 'ner Runde Brandy bewirtete ... lööölöööIöö ... auf nüchternen Magen sehr zu empfehlen) besucht und uns auf der Rückfahrt noch ein paar Testrunden der Formell -Teams von Renault, BAR und Jaguar in Augen und Ohren reingezogen.
Der letzte Regattatag war hauptsächlich von Hoffen und Bangen gekennzeichnet. Die Gruppen C, B und A mussten noch mal ran, um den Durchgang zu vervollständigen. Kein neuer Lauf nach 14.00 Uhr, aber auch kein Start mehr nach 16.00 Uhr. ... Kribbeln ohne Ende ... Kurz vor 2 kam dann doch noch Wind auf und ich konnte noch eine Runde in C mitsegeln. Verlauf siehe Beschreibung "Einteilungslauf' weiter oben - wie gesagt: Linientreu. Nach einem kleinen Kurs- und Bahnverlegekrimi wurden die Gruppen B und A auch noch durchgezogen, und Michael lernte hier den Begriff "Teamsegeln" richtig kennen, als er von der 122 mal kurz einen Schlenker verpasst bekam. Allerdings hat ihm Graham die Tür auch noch mal richtig schön aufgehalten, weil er sicherlich auch mitbekommen hatte, was da lief. Faire Gegner wissen halt auch einander zu achten ... Very Gentlemanlike ...
Im Gegensatz zur Eröffnung war die Siegerehrung dann doch als Feier zu empfinden, und als Krönung ließ uns Graham allesamt aus seinem Pokal 'nen Schluck Schampus schlürfen. Ich denke, dass dieser Sieg ihm verdammt viel bedeutet hat - ich habe ihn sicher noch nicht oft, aber auch noch nie so gerührt gesehen. Klasse - und verdient!!!
Von dem kleinen Nervenzusammenbruch am Montag (mit dem Fast-Zerstören meiner guten Sonnenbrille habe ich wohl doch einen Teil des Riesenklumpen Sch ... von meinem Bein abbekommen? danach lief's wenigstens etwas besser) und den diversen Unzulänglichkeiten abgesehen war es für mich eine schöne Geschichte. Vor allem: WIR WAREN EIN TEAM !!! Und das war richtig Klasse!!!
Und bis zum nächsten mal übe ich vielleicht auch ein bisschen mehr statt nur im Keller rumzubasteln. Am Boot (Rumpf) lag es für meine Ansprüche nämlich nicht ... Ach ja ...' tschuldigung noch mal Hans-Peter, dass ich Dich (Dein Boot) beinahe über den Haufen gekarrt habe ...
Jens Amenda